Kennt ihr Nikolaus und Barbara?

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Niederrhein

Ich erinnere mich genau an einen Nikolausabend. Ich muss ungefähr 5 oder 6 gewesen sein. Mein Bruder und ich warteten auf den Nikolaus, denn der sollte höchstselbst und ganz persönlich dieses Mal vorbeikommen. Und tatsächlich klingelte es am Abend an der Haustür und ein großer Mann mit langem, weißem Bart und Bischofskleidung kam hinein. Meine Güte, hatten wir Angst! Wir rannten nach oben in unser gemeinsames Zimmer und versteckten uns unter unseren Betten. Da konnte Mama unten noch so beruhigend rufen. Na gut, irgendwann haben wir uns wieder nach unten getraut und der Nikolaus konnte seine Gaben verteilen. Heute weiß ich natürlich, dass uns unser Nachbar einen schönen Abend machen wollte.  

Aber dass St. Nikolaus bis heute sowohl als Gabenbringer als auch als wertender und eventuell sogar strafender Mann bekannt ist, das liegt an einer langen Heiligengeschichte. Und wusstet ihr, dass nur zwei Tage vorher eine ganz andere Heilige am Niederrhein gefeiert wird? Die heilige Barbara ist die Schutzpatronin der Artillerie, der Glöckner, Architekten, Sterbenden, aber auch der Bergleute. Kein Wunder, dass sie am Niederrhein einen besonderen Platz einnimmt. Wer waren diese Heiligen? Warum werden sie bis heute verehrt? Und welche Bräuche gab und gibt es bis heute am Niederrhein zu ihren Ehren? 

Die Legende von Sankt Barbara

Die seit dem 7. Jahrhundert als heilig verehrte Barbara soll der Legende nach im dritten Jahrhundert in Nikodemia in der heutigen Türkei gelebt haben. Ihre Lehrer erzählten dem klugen und schönen Mädchen vom Christentum. Barbara war fasziniert, ihr Vater jedoch war ein Verächter der Christen und ließ seine Tochter in einen Turm sperren, um sie von ihrem Glauben abzubringen. Dort ließ Barbara während einer Reise des Vaters drei, statt der geplanten zwei Fenster in ihr Bad einbauen, als Zeichen der Dreifaltigkeit, und ließ sich taufen. Als ihr Vater davon erfuhr wollte er sie erschlagen. Das Mädchen konnte fliehen und versteckte sich in einer Felsspalte. Verraten von einem Hirten wurde sie dennoch gefangen genommen und aufgrund ihres Glaubens zum Tode verurteilt. Der Vater selbst führte das Schwert bei ihrer Enthauptung. Daraufhin soll ihn ein Blitz getroffen und erschlagen haben.  

Der Niederrhein feiert Barbara

Weltweit gilt der 4. Dezember als Gedenktag von Sankt Barbara. Am Niederrhein läutete er in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Zeit der Geschenke ein. Genau wie zu Nikolaus stellten die Kinder ihre Schuhe raus und freuten sich am nächsten Morgen über mit Süßigkeiten, Äpfeln und Nüssen gefüllte Stiefel.  

Ein anderer Brauch ist das Schneiden der Äste von Obstbäumen. Besonders beliebt sind die Zweige von Apfel-, Pfirsich oder auch Kirschbäumen. Diese werden im lauwarmen Wasser an einen warmen Platz im Haus gestellt. Bis zum Heiligen Abend erblühen die Äste und bringen neues Leben in die Stube. Auch Barbara soll einen Kirschzweig in ihrem Gefängnis gehabt und ihn mit Wasser benetzt haben. Ebenso wie der Ast erneut aufblühte, war sich Barbara sicher, dass auch sie nach ihrem Tod zu neuem Leben geführt werde.  

Tatsächlich kannte ich die Geschichte der Heiligen Barbara bis zu diesem Jahr nicht. Aber ich muss sagen, dass ich den Brauch sehr schön finde. Grund genug, diesen einmal selbst auszuprobieren. Also raus in den Garten, ran an die Schere und hin zum Kirschbaum. Ich habe gehört, dass es wichtig ist, dass die Äste einmal Frost abbekommen haben, bevor sie in das Wasser gestellt werden. Da erscheint es fast schon schicksalsmäßig, dass es ausgerechnet in diesem Jahr so früh Frost und sogar Schnee gab, wie ich es selten in meinem Leben erlebt habe. Jetzt steht unser Ast warm und gemütlich im Wohnzimmer und darf Kräfte für seine hoffentlich neue Blüte sammeln.  

Zwei in eins – der Heilige Nikolaus 

Nur zwei Tage nach dem Tag der Heiligen Barbara feiert ganz Deutschland den Heiligen Nikolaus. Nikolaus, wie wir uns heute an ihn erinnern, ist eine Fusion aus zwei historischen Persönlichkeiten: Abt Nikolaus und Nikolaus von Myra. Dabei wissen wir so einige Dinge über letzteren, die geschichtlich belegt sind. Der Sohn reicher Eltern wurde etwa 280 in Patara geboren und verteilte sein geerbtes Vermögen an die Armen und Bedürftigen. 325 nahm er am Konzil in Nizäa teil, wo das Glaubensbekenntnis der Kirche beschlossen wurde. Sein vermutlicher Todestag war der 6. Dezember, an dem er bis heute gefeiert wird. 

Die wohl bekannteste Nikolaus-Geschichte innerhalb der Heiligenverehrung ist die sogenannte Jungfrauenlegende, die von der Großzügigkeit Nikolaus’ zeugt. Diese besagt, dass ein Kaufmann so verarmte, dass er seine drei Töchter in die Prostitution schicken musste, um dem Hungertod zu entgehen. Nikolaus erfuhr von dieser Situation und warf nachts drei Goldklumpen in Form von Äpfeln durch das offene Fenster des Hauses. Die Töchter mussten nie wieder als Dirnen arbeiten und konnten mit großzügigen Mitgiften in glückliche Ehen verheiratet werden. Zusätzlich gilt Nikolaus als Patron der Schüler, Bäcker, Dieben, Schiffer, Hungernden, Pilger, Kaufleute und Jungfrauen.  

Der Heilige Nikolaus am Niederrhein

Die Verehrung von Nikolaus begann bereits im 6. Jahrhundert im oströmischen Reich und breitete sich bis ins 10. Jahrhundert auch in das Heilige Römische Reich Deutscher Nation aus. Bereits im Mittelalter gab es jährlich die Wahl eines Narrenbischofs, die im 13. Jahrhundert auch am Niederrhein auf den 6. Dezember verlegt und zur Wahl eines Kinderbischofs umgestaltet wurde. Dabei erhielt ein Kind für einen Tag die bischöflichen Insignien, wählte sich zwei Diakone und zog mit diesen singend von Haus zu Haus, um Geld für die Schüler zu sammeln. Aus Geldern ist zudem überliefert, dass ein Bierbischof am Nikolaustag ein Festmahl abhielt. In Wesel durfte sich der Kinderbischof gemeinsam mit seinen beiden Dienern, dem Rektor der Schule und einem Lehrer bei den Eltern eines anderen Schülers zum Essen einladen.  

Mit der Zeit und insbesondere durch die Kritik der Reformatoren an der katholischen Heiligenverehrung wurde dem Nikolaus ein Gefährte zugeschrieben. Während Nikolaus gutmütig Gaben an die braven Kinder verteilte, strafte sein Begleiter die unartigen Kinder. Am Niederrhein heißt dieser Gefährte übrigens “Hans Muff”, allgemein ist er besser bekannt als “Knecht Ruprecht”.  

Weihnachten war am Niederrhein bis in die 1930er-Jahre übrigens ein eher unbedeutendes Fest. Viel wichtiger war die Feier des Heiligen Nikolaus – so wie es bis heute bei unseren niederländischen Nachbarn ist. Da wurden bereits Tage vorher Möhren und Heu auf die Fensterbänke gelegt. Für das Pferd des vorbeireitenden Nikolaus, der prüfte, ob die Kinder denn auch artig waren. Es wurden Nikolauslieder gesungen und am Vorabend ein großer, weißer Holzschuh (der Kloasblötsch) oder auch ein Teller aufgestellt. In der Nacht kam Nikolaus im Glauben der Kinder auf einem weißen Pferd durch den Kamin oder ein offenes Fenster geritten und legte seine Gaben wie Äpfel, Nüsse und Gebäck in den Schuh oder auf den Teller. Spätestens am 7. Dezember zogen sich der Heilige Nikolaus und Hans Muff bis zum nächsten Jahr in den Himmel zurück. 

Barbara und Nikolaus in der heutigen Zeit

Blickt man sich heutzutage um, dann ist der Heilige Nikolaus gefühlt überall. Am Supermarkt, in der Bank und sogar bei den Stadtwerken können die Kinder bei uns ihre Stiefel abgeben, um sie ein paar Tage später vollgepackt mit Süßigkeiten wieder abzuholen. Und ja, auch ich liebe es, meine Kinder zu beschenken. Süßigkeiten sind hier tatsächlich nicht ganz so beliebt. Da reicht ein Schokonikolaus. Dazu gibt es aber auch immer ein Geschenk. Und für das guten Gewissen liegen auch Mandarinen und Äpfel auf den Tellern – die immer als erstes aufgegessen werden. Die Heilige Barbara ist im nördlichen Niederrhein, Richtung Ruhrgebiet noch präsenter als in unserer Region. Doch beide Heiligen haben jahrhunderte-, ja sogar jahrtausendealte Traditionen und Zeiten des Wandels hinter sich. Bis heute verbinden sie Freude, Mahnung und Glauben miteinander. Und gerade am Niederrhein haben beide einen ganz besonderen Platz. 

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