Was hat die Schwanenburg alles erlebt?

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Niederrhein

Hoch thront sie über der Stadt – die Schwanenburg. Und das mag was heißen. Immerhin befinden wir uns am Niederrhein und hier ist eigentlich nichts besonders hoch. Stattdessen ist alles flach, weit und grün. Doch die Grafen von Kleve wussten die Gegebenheiten der Natur zu nutzen. Und so errichteten sie im 11. Jahrhundert ihre Burg auf einem Ausläufer des Niederrheinischen Höhenzuges und damit eine der wenigen Höhenburgen am Niederrhein. 

Im Laufe der Jahrhunderte veränderte sich die Schwanenburg immer wieder, sowohl bautechnisch als auch in ihrer Funktion. Mal brachen ganze Teile zusammen, mal erschien sie in ganz neuer Pracht. Sie ist ein Paradebeispiel dafür, wie Gebäude der jeweiligen Zeit angepasst werden und immer wieder neue Daseinsbegründungen erfahren. Grund genug, sich die Baugeschichte der Schwanenburg einmal genauer anzuschauen. 

Eine Burg entsteht

Dass der Bau des Schwanenturms höchstpersönlich durch Julius Caesar bereits zu Römerzeiten in Auftrag gegeben wurde – wie es eine Sandsteintafel über dem Eingang des Turms verkündet – ist doch eher unwahrscheinlich. Nicht mal der vermutete Militärstützpunkt der Römer an jenem Standort ist gesichert. Doch scheinen die Grafen von Kleve seit jeher besonders stolz auf ihre Burg gewesen zu sein. Fest steht, dass die Schwanenburg erstmals im Jahr 1020 gemeinsam mit Graf Dietrich I. von Kleve erwähnt wurde.  

Von Zerfall und Wiederaufbau der Klever Schwanenburg 

Um 1200 begann dann ein größerer Ausbau der Burg. Dieser war verbunden mit der Errichtung eines imposanten Palas und dem Bau einer damals hochmodernen Sanitäreinrichtung: einer zweisitzigen Toilettenanlage. In zwei offenen Nischen konnten zwei Personen nebeneinander ihr Geschäft verrichten. Dieses wurde über einen schräg verlaufenden Schacht nach draußen geleitet – verbunden mit einem Entlüftungsschacht und einer Regenwasserspülung ein Highlight damaligen Komforts. Über die Jahre hinweg musste die Anlage verkleinert werden, so dass lediglich noch ein Sitz übrigblieb. Dieser ist bis heute vorhanden. 

Im 15. Jahrhundert veränderte die Schwanenburg schließlich zwangsläufig ihr Erscheinungsbild. Am 7. Oktober 1439 brach der alte Hauptturm zusammen und 1444 folgte der Zusammensturz eines Gebäudeteils, in welchem die Burgkapelle untergebracht war. Beim Wiederaufbau entstanden der Zimelienturm und eine neue Hofkapelle inklusive drei großer gotischer Fenster. Zusätzlich ließ Herzog Johannes I. den Johannisturm und einen Pferdestall mit Platz für 60 Pferde errichten. 1560 folgte das zwei Stockwerke hohe Herzog-Wilhelm-Tor. Wir befinden uns nun in der Zeit des Höhepunktes der Macht der Klever Herzöge. 

Glanzzeit und neue Funktion für die Schwanenburg 

Doch nur knapp 100 Jahre später war das Geschlecht der Herzöge ausgestorben und Kleve wurde durch Statthalter regiert. Ein Mann tat sich in dieser Position ganz besonders hervor: Prinz Johann Moritz von Nassau-Siegen. Diesem erteilte Kurfürst Friedrich Wilhelm große Vollmachten für die Umgestaltung der Schwanenburg. Und genau diese nutze Prinz Johann Moritz gekonnt aus. Zur Unterstützung holte er sich den Haarlemer Baumeister Pieter Post auf die Burg, welcher eben jene zu einem barocken Schloss umgestaltete. Statt Zinnen auf den Dächern gab es schließlich weitläufige Parkanlagen und Arkaden zu sehen. Insgesamt bewilligte der Kurfürst für die Umbaumaßnahmen 14.000 Taler. Dies entspricht heute grob 590.000 €.  

Doch auf die Glanzzeit der Schwanenburg folgte ebenso schnell auch deren Verfall. Die Machtverhältnisse hatten sich erneut geändert und Kleve gehörte mittlerweile zur preußischen Rheinprovinz. Und deren Herrscher hatten wenig Interesse an der westlichen Residenzstadt. Auch wurde die Unterhaltung der Schwanenburg zu teuer. So kam es ab 1750 verstärkt zum Rückbau des einst so herrlichen und repräsentativen Schlosses. Sowohl der Zimelienturm als auch der Johannisturm und der Palas verschwanden und das Blei wurde vom Dach entfernt.  

Erst nach der Franzosenzeit fand sich eine neue Funktion für die Schwanenburg, so dass diese entsprechend instandgesetzt und umgebaut wurde. Die Justiz zog in den ehemaligen Herrschaftssitz. Der Schwanenturm wurde zum Gefängnis und erhielt ein eigenes Treppenhaus, welches von außen angebaut wurde. 1909 besuchte Kaiser Wilhelm II. das Schloss. Der Legende nach soll er sein Missfallen darüber geäußert haben, dass sich ein Gefängnis im Haus seiner Ahnen befindet. In Rekordzeit wurde ein Gefängnis an anderer Stelle errichtet. Der Schwanenturm wurde seitdem nie wieder als Haftanstalt genutzt. 

Die Schwanenburg liegt in Trümmern – und entsteht wieder neu 

Schließlich folgten der Zweite Weltkrieg und damit der 7. Oktober 1944. Auf den Tag genau 505 Jahre nach dem Zusammensturz des alten Hauptturmes erfolgte ein Bombenangriff auf Kleve, bei welchem auch die Schwanenburg erheblich beschädigt, quasi in Stücke gerissen, wurde. So schlimm stand es um das Gebäude nach Kriegsende, dass sogar der Abriss des Schwanenturms zur Debatte stand.  

In dieser Situation nahm der Klever Rechtsanwalt Dr. Heinz Will die Zügel in die Hand und gründete den Verein “Bauhütte Schwanenburg”. Ziel des Vereins war der Wiederaufbau des Klever Wahrzeichens. Da es im Nachkriegsdeutschland in der gesamten Bevölkerung sowohl versorgungstechnisch als auch finanziell katastrophal aussah, bat Dr. Heinz Will im wahrsten Sinne des Wortes um tatkräftige Unterstützung. Und die Klever kamen. Tonnenweise Schutt wurde weggeräumt, der Schwanenturm eingerüstet und notdürftig mit einer Betondecke vor weiteren Schäden geschützt. Über die Jahre konnten sämtliche Hindernisse überwunden werden und bei der Klever Burgwoche am 01.Oktober 1950 wurde der namensgebende Schwan wieder auf die Turmspitze gesetzt. Ein Feiertag, an den man sich in Kleve bis heute erinnert. 1953 waren dann auch die letzten Kriegsschäden verschwunden.  

Die Klever Schwanenburg heute 

Heute befindet sich in der Schwanenburg das Landes- und Amtsgericht Kleve. Zusätzlich beherbergt der Schwanenturm ein geologisches Museum sowie eine Ausstellung über die Zerstörung des Schlosses im Zweiten Weltkrieg. Damit scheint der einstige Glanz verschwunden, doch zeugen noch zahlreiche Überbleibsel von einzelnen Episoden der bewegten Geschichte der Schwanenburg. Überhaupt zeigt sich am Beispiel der Klever Burg, wie abhängig Gebäude vom Zeitgeist, vom Interesse und von Unterstützung sind. Durch Machtwechsel mal in voller Pracht, mal verfallen und vergessen und mal rein funktional genutzt, hat die Schwanenburg viel erlebt. Sie hat ihr Äußeres stetig verändert und thront nun doch bereits seit beinahe 1.000 Jahren hoch über Kleve. Und so ist sie heute nicht nur Gerichtsgebäude, sondern auch Geschichtshüter, Erinnerungsort, Kulturdenkmal und seit jeher das Klever Wahrzeichen. 

Literatur

  • Die Klever Schwanenburg, Geschichte, Geschichten, Bilder, Verein der “Freunde der Schwanenburg e.V.”, Kleve 1991. 

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