Wallfahrten nach Vorst?

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Blog-Feiertage

Beinahe 1.000 Jahre ist es mittlerweile her, dass am 05. Mai 1.038 Godehard von Hildesheim starb. Knappe 100 Jahre nach seinem Tod wurde Godehard im Jahr 1.131 heilig gesprochen. Im gleichen Jahr schenkte Erzbischof und Kurfürst Friedrich I. von Köln einen Knochensplitter des Heiligen den Bürgern von Vorst. Der Start einer jahrhundertelangen Tradition der St. Godehard-Verehrung am Niederrhein, von zahlreichen Pilgerfahrten und der sogenannten Gotthardus-Oktav – einer achttägigen Feier zu Ehren des Pfarrpatrons.

Vom Bauernsohn zum Bischof

Godehard wurde 960 in Reichersdorf im heutigen Bayern geboren. Sein Vater arbeitete als Bauer auf den Feldern des Benedektiner-Klosters in Niederaltaich. Durch diese Arbeit kam Godehard bereits als Junge mit den dort lebenden Mönchen in Kontakt, die früh die außergewöhnliche Begabung Godehards erkannten. Sie nahmen ihn in die Klosterschule auf, wo er fortan ausgebildet wurde. Durch sein Können zog er weiterhin die Aufmerksamkeit auf sich, wechselte erst in das Kloster St. Emmeram in Regensburg und von dort nach persönlicher Empfehlung an den dortigen Bischof nach St. Peter in Salzburg. 990 war Godehard zurück in Niederaltaich, schloss sich dem Benedektinerorden an, wurde nur 3 Jahre später Priester, dann Prior und 997 Abt.

Godehard gehörte zu den Verfechtern der Reformen von Gorze, die die Rückbesinnung auf die Benediktsregeln im Sinne der Synode von Aachen anstrebten. Die Benediktsregeln schrieben das gemeinschaftliche Leben innerhalb eines Klosters vor. Godehard war in seinen Bestrebungen so erfolgreich, dass er nicht nur Niederaltaich in eine Blütezeit führte, sondern darüber hinaus als Abt am Tegernsee einem zweiten Kloster vorgestellt wurde. Er errichtete Burgen und führte kritische Bürger und Bürgerinnen zurück zum Katholizismus. Die ihm unterstellten Klöster wurden unter seiner Führung zu kulturellen und religiösen Zentren.

Im Jahr 1.022 berief Kaiser Heinrich II. Godehard zum Bischof in Hildesheim. Dieser soll mit dem Ausruf „Lieber in Baiern ein Abt, als dort droben ein Bischof“ reagiert haben, folgte aber natürlich dem Ruf des Kaisers. Bis zu seinem Tod im Jahr 1.038 zeigte er sich volksnah, asketisch und bescheiden. Er förderte Schulen, die Buchkunst und den Bau von 30 weiteren Burgen. Schon kurze Zeit nach seinem Tod begann die Verehrung von Godehard, welcher heute unter anderen als Patron für Maurer, Kranke, eine gute Geburt und Tiere gilt.

Bayrische Reliquien in Vorst am Niederrhein

Wie bereits gehört, erhielten die Vorster im Jahr 1.131 eine Reliquie des Heiligen als Geschenk, wodurch sich die Gemeinde zu einem niederrheinischen Zentrum der St. Godehard-Verehrung entwickelte. Den jährlichen Höhepunkt bildete und bildet bis heute dabei stets der Todestag von Godehard: der 5. Mai.

In früheren Jahrhunderten reisten Anfang Mai tausende Pilger an den kleinen Ort am Niederrhein, um die Gotthardus-Oktav mitzufeiern, den Heiligen zu ehren und diesen um Hilfe anzurufen. Die meisten Wallfahrenden stammten aus den näheren Städten wie Krefeld, Viersen, Dülken, Kempen, Oedt, Anrath und Süchteln. Doch auch aus weiter entfernten Gegenden strömten die Gläubigen nach Vorst. Viele kamen zu Fuß, andere wählten das Fahrrad, die Eisenbahn und ab dem 20. Jahrhundert auch den Bus oder das eigene Auto.

Die Gotthardus-Oktav in Vorst

Zu den Blütezeiten der St. Godehard-Verehrung reisten viele Wallfahrende schon Tage vor dem 5. Mai nach Vorst. Bereits aus dem Glockenturm der Kirche heraus wurden die herbeiströmenden Gläubigen beobachtet und deren Eintreffen mit dem sogenannten feierlichen Beiern verkündet. Dabei wurde der Glockenmantel festgestellt und entweder mit dem Glockenklöppel oder mit einem Hammer angeschlagen. Übernachten konnten die Besucher in den Gaststätten der Gemeinde. Dort wurde Stroh aufgeschüttet, das als kurzzeitiges Bett diente.

Am Tag des Gotthardusfestes begannen die Festlichkeiten bereits um 5 Uhr morgens mit einer ersten Pilgermesse. Zwischen 9 und 10 Uhr folgte das Festhochamt, an das sich die Gotthardusprozession – ein Zug der Pilger gemeinsam mit der Godehard-Reliquie durch Vorst – anschloss. Die Wallfahrenden zogen über den Gotthardusweg. Dieser führte sie von der Pfarrkirche aus, vorbei an neun Stationen des Kreuzweges bis hin zu Haus Neersdonk, ein ehemaliger Adelssitz auf einem Erdhügel in einer Niersniederung. Dort angekommen wurde die Eucharistie gefeiert.

Weltliche Feierlichkeiten zur Ehrung von St. Godehard

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts war das Gotthardusfest mit dem örtlichen Schützenfest und der Kirmes verbunden und ist es bis heute. So waren und sind die Schützen Teil der Prozession, sie tragen die Reliquie, schmücken den Weg und starten erst im Anschluss an die religiösen Feierlichkeiten mit den eigenen Feierlichkeiten. Die „Kehner“ Schützen hatten dabei seit Beginn dieser Tradition den Vortritt vor den anderen beiden Schützenvereinen Vorsts. Der Legende nach führte dieses Recht im 18. Jahrhundert zu einer großen Prügelei, bei der einer der Offiziere sogar das Leintuch der Kommunionbank mit dem Säbel durchstieß und zerfetzte. Selbst nach der Intervention durch den Pfarrer wurden die Streitigkeiten vor der Kirche fortgesetzt, wobei auch Blut auf dem Friedhof geflossen sein soll. Dieser musste anschließend neu geweiht werden.

Heutzutage ist von solchen Auseinandersetzungen nichts mehr zu hören. Stattdessen laden die Schützen die Pilger nach der Prozession zu Suppe ins Festzelt ein. Dieses Jahr endet die Gotthardus-Oktav am 8. Mai mit einer Heiligen Messe, anschließender Krankensalbung und einem Zusammenkommen bei Kaffee und Kuchen zum Abschluss.

Literatur

  • Helena Siemes, Gerd Philips, Durch das Jahr, Feste und Bräuche am Niederrhein, Duisburg 2001.

Online

  • https://www.wz.de/nrw/kreis-viersen/willich-und-toenisvorst/godehard-prozession-zieht-durch-vorst_aid-38582687
  • https://www.wz.de/nrw/schuetzen-und-pilger-feiern-den-heiligen-gotthardus-in-vorst_aid-111328635
  • https://www.heiligenlexikon.de/BiographienG/Godehard_von_Hildesheim.html
  • https://www.katholisch.de/heilige/05-05-godehard-gotthard
  • https://rp-online.de/nrw/staedte/toenisvorst/godehard-prozession-fuehrte-von-vorst-zum-haus-neersdonk_aid-89707025

Bildnachweise

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